Lieber abwarten und echte Ergebnisse berichten!
Ganz sicher ist es schon schlimm genug, dass Unfälle passieren. Das Mitgefühl empfindet mit den Opfern einer Katastrophe wie dem aktuellen Zugunglück ...
Natürlich ist es nichts Neues, dass es einen Katastrophen-Sensationalismus gibt - sich ein schreckliches Geschehen von Ferne anzusehen ist offenbar für (viele?) Menschen ähnlich wie das Ansehen eines Action-Movies:
Wenn man das an sich schreckliche Geschehen aus dem warmen, sicheren Sessel heraus betrachtet, kann man emotional an dem Geschehen teilhaben, ohne selbst in Gefahr zu sein.
Nein - dieser Blogg-Eintrag ist keine neuerliche Schmutzschleuder gegen Katastrophen-Voyeurismus. Ohne eine solche Anteilnahme sind auch die wirklich guten Hilfsengagements wahrscheinlich verdammt, unbeachtet zu bleiben, weil sie keine Unterstützung finden.
Auffällig ist aber, dass eine entsprechend Katastrophen-begeisterte Presse (natürlich) das emotionale Bedürfnis der lesenden Anteilnehmer befriedigen will.
Eines dieser emotionalen Bedürfnisse ist sicher, wer ist schuld, warum ist das ganze passiert.
Ich glaube, die meisten Leser (ich nehme mich da garnicht aus) sind an der Frage deshalb interessiert, weil man vermeintlich abschätzen möchte, wie wohl das eigene Risiko sein könnte, wenn man das nächste Mal mit dem Zug fährt, Flugzeug fliegt, etc ...
Und ich glaube, es ist für die meisten beruhigender, wenn dort gesagt wird, es war ein ganz ganz ganz ganz seltener technischer Fehler, der zu beheben ist - denn darauf beruht die technische Weiterentwicklung.
Der Horror ist aber das menschliche Versagen, denn das erscheint irgendwie immer unveränderbar zu sein.
Das ist natürlich irrational - auch bei fortgeschrittener Technik KANN es zu Fehlproduktionen kommen, etc ... und natürlich wird das menschliche Verhalten durch Schulungen und Maßnahmen in der Organisation genauso ständig verbessert.
Trotzdem war ich sehr erstaunt, als kaum einen Tag nach dem Bahnunglück es jetzt schon hieß, es wäre menschliches Versagen gewesen - und die Schuld eindeutig zugewiesen wurde.
Normalerweise brauchen die Untersuchungen entsprechend länger nach dem Abschluß der Rettungsarbeiten ... und ist erst dann valide, wenn mühsam alle Fakten aufgenommen werden konnten.
Aber hier war von Sherlock-Holmes-haft sofort alles klar.
Zumindest haben die verschiedenen Medien dies sofort so berichtet - und dabei offenbar von einander abgeschrieben.
Denn jetzt beginnt die Berichterstattung zurück zu rudern.
In der Journalistik wird eigentlich gerne viel Aufhebens davon gemacht, wie sehr Quellen gesichert sein müssen, etc ...
Aber wenn man sich das so betrachtet, dann scheint es damit nicht (mehr?) weit her zu sein ...
Ist der Wert der emotionalen Beschwichtigung soviel höher, als eine Sicherheit, auch die Wahrheit zu sagen?
Was ist mit dem emotionalen Schaden, der bei denen durch journalistischen Rufmord verursacht wird, die erst einmal beschuldigt werden - und sich wahrscheinlich auch später dann nie ganz davon reinwaschen können?
Es ist zwar sicher sinnlos, dagegen anschreiben zu wollen.
Aber mir tut es emotionalerweise gut, einfach dazu meine Meinung gesagt zu haben.
Und wenn es gerechtfertigt erscheint, Unrichtiges oder Ungesichertes zu äußern, um ein emotionales Bedürfnis zu stillen, dann hat auch dieser Blogg seine Daseinsberechtigung, wenn ich mich darin über erstes aufregen kann.
aethien am 11. Februar 16
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